Denkmäler
Kein Geld: Jüdischer Friedhof entging Einebnung
Dass in Werne ein jüdischer Friedhof an Leben und Leiden jüdischer Mitbürger erinnert, verdankt sich nur glücklichen Fügungen. Denn die Beseitigung der jahrhundertealten Begräbnisstätte an der Südmauer war 1940/41 unter Bürgermeister Dr. Georg Johann Kraus, einem strammen Parteigänger der NSDAP-Parteigänger, schon beschlossene Sache.
Die Anfänge des Jüdischen Friedhofs an der Südmauer lassen sich nicht mehr exakt festmachen. In einem Ratsprotokoll der Stadt vom 23. November 1698 heißt es, „dass die hiesige Judendschaft von altersher ihre Begräbnisse auf besagtem Schüttenwall gehabt und noch haben.“ Als erster Einwohner jüdischen Glaubens ist „Joist Judde te (zu) Werne“ belegt. Er bezahlte der Stadt am 2. September 1554 sein Aufenthaltsrecht. Von diesem Zeitpunkt an sind kontinuierlich jüdische Einwohner in Werne belegt. 1815 lebten 56 Juden in Werne und erhielten die Erlaubnis, ihren Friedhof zu vergrößern.
Ältester Grabstein von 1703
Lange galt ein Grabstein aus dem Jahr 1874 als ältestes Grabmal. Mitte der 1980er-Jahre fanden die damalige Museumsleiterin Heidelore Fertig-Möller und der evangelische Pfarrer Martin Schiwy heraus, dass ein anderer, stark verwitterter Stein abseits der Gräberreihen älter war. Den entscheidenden Hinweis erhielten sie vom ehemaligen Chef des Institutum Iudaicum in Münster, Professor Brilling. Der Experte übersetzte die hebräischen Schriftzeichen: „Hier ist bestattet eine Frau, eine ehrbare. Alle Tage wanderte sie auf rechtem Wege. Angenehm war sie, Matchen, Tochter des Menahem.“ Matchen ist die jiddische Form des Namens „Mathilde“. Brilling vermutete, dass die Inschrift auf dem teilweise eingesunkenen Grabstein an dieser Stelle nicht abbrach. Er empfahl, das Erdreich um den Stein abzutragen, um nach weiteren Zeilen zu forschen. Tatsächlich kamen der Sterbeort und das Datum des Todestages zum Vorschein: „Wearen (Werne), 22. Tammuz 463.“ Demnach starb die jüdische Bürgerin Mathilde nach christlicher Zeitrechnung im Sommer des Jahres 1703 in Werne. Sie wurde an der Seite ihres Mannes, Sohn von Abraham, verstorben 1702, begraben. Wie Fertig-Möller aus historischen Ratsprotokollen wusste, war der Geldverleiher Abraham einer der wohlhabendsten Bürger von Werne.
Deportiert und ermordet
Im Lauf des 19. Jahrhunderts verbesserten sich die rechtlichen Bedingungen jüdischer Mitbürger in Deutschland. Im Ersten Weltkrieg kämpften assimilierte Juden mit glühendem Patriotismus für ihre deutsches Vaterland. Auch in Werne waren die jüdischen Mitbürger integriert. So gehörte mindestens zwei von ihnen 1903 zu den Gründungsmitgliedern des renommierten Turnvereins: der Kaufmann Louis Gumpert (erlag seinen Verletzungen nach der Reichpogromnacht) und Louis Herz, Inhaber eines Textilgeschäftes (emigrierte nach der Pogromnacht in die USA). Mit der Reichspogromnacht endete das jüdische Leben in Werne: Einigen Familien gelang die Flucht, andere wurden deportiert und ermordet.
Marktplatz statt Grabstätte
Der nationalsozialistische Bürgermeister Georg Kraus wollte auf dem fast 700 Quadratmeter großem Grundstück des Jüdischen Friedhofs einen Marktplatz und eine Straße anlegen. Unter dem Druck der NS-Verfolgung sagten ihm verbliebene jüdische Gemeindemitglieder, vertreten durch Paul Simons, den Verkauf zu. Wie Kraus im September 1940 dem Landrat schrieb, betrieb die Stadt ein Umlegungsverfahren, um ohne Geldzahlung an den Friedhof zu gelangen. „Ferner ist die Beseitigung des Judenfriedhofs zu begrüßen, weil er innerhalb des engbebauten Stadtteils liegt und städtebaulich sowie auch infolge der durch den Kampf gegen das Judentum in der Bevölkerung wachgerufenen Erkenntnis störend wirkt“, heißt es im Schreiben. Vorgesehen war ein Tausch gegen ein Grundstück der katholischen Kirchengemeinde an der Freiherr-vom-Stein-Straße. Umgesetzt wurden Kraus’ Pläne nicht – wahrscheinlich, weil die klamme Stadtkasse angesichts wachsender Kriegslasten keine Mittel aufbringen konnte. 1952 ging der Friedhof im Zuge eines Rückübertragungsantrages der „Jewish Trust Corporation“ wieder ins Eigentum der jüdischen Gemeinde über. Heute gehört der Friedhof der Jüdischen Gemeinde in Dortmund und wird von der Stadt Werne unterhalten. Der jüdische Friedhof ist seit 1985 ein eingetragenes Denkmal.
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