Denkmäler
Lepra – Leid ohne Hoffnung auf Linderung
Lepra – Leid ohne Hoffnung auf Linderung
Der Vorgängerbau der Rochus-Kapelle gehörte zu einem Siechhaus. Es lag einige Kilometer außerhalb der Stadtmauern hinter einer Landwehr. Schon damals führte die Straße nach Lünen unmittelbar an dem Gebäude und seiner Kapelle vorbei. In der Nähe floss ein Bach, die Reitbecke. Beides ist typisch für mittelalterliche Leprosenhäuser. Die Lage an Hauptstraßen ermöglichte den Kranken, Almosen von Reisenden zu erbetteln. Damit ihnen dabei niemand zu nahe kam, warnten die Aussätzigen mit Glöckchen oder Klappern vor ihrer Krankheit. Leprakranke, die auf der Straße von Lünen nach Werne unterwegs waren, konnten im Leprosenhaus abgefangen werden, bevor sie in die Nähe der Stadtmauern kamen. Der Bach stellte außerdem die Wasserversorgung sicher und diente gleichzeitig zur Entsorgung.
Gesellschaftliches Ansehen der Leprosen
Um die Leprosen kümmerte sich eine Magd. Sie bediente gleichzeitig den Schlagbaum an der Reitbecke. Diese verschlossenen Schranken sicherten jene Stellen, an denen Straßen durch die Landwehr führten. Gegen ein Entgelt schlossen Nachbarn die Schlagbäume für Durchreisende auf. In seinem Buch über die Feldmarkverfassung von Werne (1917) erwähnt der Historiker Josef Lappe eine Rechnung von 1587/88. Sie besagt, dass „die Magd von der Reidtbecke“ 8 Schilling für ihren Schlüsseldienst erhalten hatte. Auch wenn die Bürger von Werne die Aussätzigen aus Angst vor Ansteckungen weit weg von sich wissen wollten – vergessen haben sie sie nicht. Als die Vikare Overhage und Brüggemann 1843 eine Chronik von Werne zusammenstellten, vermerkten sie, dass zweimal jährlich eine Prozession von St. Christophorus zur Leprosenkapelle führte. Außerdem bedachten viele Bürger das Siechhaus mit Stiftungen. Das bezeuge ein gewisses Maß „an gesellschaftlichem Ansehen“ der Leprosen, schreibt der Historiker Guido Heinzmann. 1497 stiftete der Werner Kleriker Godefried van Gochem für sich und seinen verstorbenen Bruder, den nach Livland ausgewanderten Kaufmann Ahlard de Gochem, einen Georgsaltar für die Leprosenkapelle. Dazu gehörte eine Vikarie, also eine besoldeten Priesterstelle. Die Witwe des Adolph von Bodelswing stiftete den Kranken jährlich zehn Scheffel Roggen zum Brotbacken; auch Johan van Hovele bedachte die Leprosen in seinem Testament, damit sie zu essen und zu trinken hatten.
Seltener Fall einer Heilung
Die Menschen kümmerten sich also um die Leprosen und sorgten für ihren geistlichen Trost. Trotzdem dürfte das kaum aufgewogen haben, was die Kranken verloren – ihre Zugehörigkeit zu Familie und Stadtgemeinde und damit den Schutz einer Gemeinschaft. Nur im seltenen Fall einer Heilung konnte ein Leprakranker hoffen, wieder aufgenommen zu werden. Das Glück hatte Leonard up der Redbecke. Wie Heinzmann schreibt, erhielt der Mann im Jahr 1500 vom Werner Pfarrer einen Passierschein für seine Wallfahrt zum Grab des heiligen Jakobus in Santiago de Compostella. Die Pilgerreise hatte Leonard offenbar im Fall seiner Heilung gelobt. Und der Passierschein, so vermutet Heinzmann, war notwendig, damit der von Narben gezeichnete Mann ungehindert durch Städte und Dörfer ziehen konnte.
Die weitere Chronik der Rochus-Kapelle
1773/4 stirbt die letzte Leprose; der Komplex wird verpachtet. 1867 kauft die Stadt die Gebäude zurück, die im Privatbesitz verfallen waren. Das Leprosenhaus und dessen Kapelle können nicht mehr gerettet werden. 1885 lässt die Stadt zur Erinnerung an die Leprakranken eine neue Kapelle im neoromanischen Stil errichten. 1970 feiert die Martinsgesellschaft Lenklar-Brederode die Restaurierung der Kapelle, nachdem sie ihren Abriss verhindert und das Gotteshaus mit Hilfe von Spenden in Eigenarbeit renoviert hatte. Die Rochus-Kapelle ist seit 1985 ein eingetragenes Denkmal.
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