Denkmäler
Historisches Schmuckstück vor Abrissbirne gerettet
Dass Wernes Rathaus 2014 sein 500-jähriges Jubiläum feiern konnte, ist keine Selbstverständlichkeit. Ende der 1960er-Jahre wollten Politiker das heruntergekommene Gebäude abreißen lassen – für ein Parkhaus. Das Vorhaben scheiterte am Widerstand von Bürgern und Stadtverordneten. Stattdessen wurde das denkmalgeschützte Bauwerk restauriert. Und so beherrscht seine repräsentative spätgotische Giebelfront bis heute die Nordseite des Marktplatzes von Werne.
Historischer Meilenstein
Dehios Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler schreibt dem Alten Rathaus eine besondere Bedeutung zu, und zwar „für die Geschichte des westfälischen Profanbaus nach Zerstörung aller spätmittelalterlichen Bogenhäuser in Münster [während des Zweiten Weltkriegs, Anmerkung der Autorin]“. Wie die Patrizierhäuser am Prinzipalmarkt der Bischofsstadt steht auch Wernes Rathaus giebelständig zum Markt. Diese Bauweise gilt als typisch für die norddeutschen Straßenbilder der Gotik und Renaissance.
Das Alte Rathaus ist nach der St. Christophorus-Kirche das älteste Gebäude der Stadt. Wernes Bürger ließen es zwischen 1512 und 1514 errichten. Das Bürgerbuch vermerkt 1512: „Do wart an deme raethuse vortimmert (verbaut) 81 Mark und drei Schillinge.“ 1513 waren es über 550 Mark und 80 Mark im Jahre 1514. 1561 erhielt der Giebel seine endgültige Form, ebenfalls so im Bürgerbuch erwähnt.
Bürger fordern eigenen Verwaltungssitz
Ein solides Steinhaus, in dem sie ihre eigenen Angelegenheiten selbst regeln und verwalten durften – das war den Bürgern im Ackerbürgerstädtchen Werne das Geld wert. 1362 hatte ihnen der Landesherr, Bischof Adolf von Münster, das Recht verliehen, zu Simon und Juda einen Markt abzuhalten. 1385 folgte die Verleihung des Wigboldrechts, eines minderen Stadtrechts. Diese Ereignisse weckten in den Bürgern das Verlangen nach einem eigenen Haus, unabhängig von den lokalen Verwaltungssitzen ihres bischöflichen Stadtherrn.
Ein erstes Rathaus entstand im 14. Jahrhundert an der Stelle des heute erhaltenen Baus. Teile dieses ursprünglichen Rathauses wurden vermutlich 1512 in den Neubau integriert. Das neue Haus wurde nach dem Vorbild einer Kaufhalle mit Laubengängen errichtet. Eine Bauart, die in Deutschland verbreitet war. Ihr Urbild fand sich seinerzeit in unmittelbarer Nähe von Werne: Das Rathaus der Reichsstadt Dortmund war bis zu seinem Abriss 1955 das älteste steinerne Rathaus nördlich der Alpe
Zum Tanz in den Ratssaal
Die Laubengänge des Werner Rathauses dienten als Warteraum und Stätte für öffentliche Bekanntmachungen. Unter ihnen stand auch der Pranger. Möglicherweise wachte hier auch das Marktgericht über Ruhe und Ordnung während eines Marktes. In der erhöhten Ratskammer des Erdgeschosses tagte bis 1800 das Ratsgericht. Herz des Gebäudes war der große Ratssaal im Obergeschoss, in dem Ratssitzungen, Empfänge oder Tanzveranstaltungen stattfanden.
Der Laubengang des Werner Rathauses, mit seinen Spitzbögen und seinen massigen Rundsäulen aus Baumberger Sandstein, ist noch der Gotik verhaftet. Ebenso der Giebel: Sein unterer Teil gehört zu einem Stufengiebel, einer beliebten Bauform des Spätmittelalters, die noch heute viele Hansestädte prägt. Aus der Renaissance stammt die symmetrische Fassade des Alten Rathauses, mit ihren nach oben kleiner werdenden Fensterreihen und dem halbrunden Abschluss auf dem Dreiecksgiebel. Die Mischung von Gotik und Renaissance ist charakteristisch für die Bauformen Nordeuropas im 15. und 16. Jahrhundert.
Aktenschrank im Kamin
1803 bereitete der Reichsdeputationshauptschluss dem Bürgerstolz ein jähes Ende. Nun wurde offiziell, was 1802 umgesetzt worden war: Die neuen preußischen Landesherren hatten das Amt Werne mit dem von Lüdinghausen vereint. Sie machten letzteres zum Sitz der neuen Kreisverwaltung. Werne blieb nur der Gerichtsstandort. Da der Rat als Selbstverwaltungsorgan an Bedeutung verloren hatte, bot sich das Rathaus als Gerichtsstätte an.
Wernes Stadtväter ließen Räume für Gefängniszellen und für die Wärter einbauen. Der große Kaminblock im Obergeschoss wurde zum feuersicheren Lager für Akten und mit Eisentüren versehen. Der Gerichtsdiener bekam eine Wohnung. Sein Vieh hielt er im Keller, weswegen das Amtsgericht 1896 vom Stadtrat verlangte, das Fenster des Stalles zu vergrößern, damit „das Heraus- und Hereinschaffen von Vieh und Dünger besser von Statten gehen könne“.
1932 zog das Amtsgericht aus. Bis zum Ende des 2. Weltkriegs beherbergte das Rathaus NS-Organisationen wie Hitler-Jugend und Bund Deutscher Mädchen. Nach dem Krieg fanden dort Vertriebene ein Quartier, ebenso wie das Vertriebenenamt und das Wohnungsamt. 1969 begann die Restaurierung des Alten Rathauses, bei der Einbauten des 19. Jahrhunderts entfernt wurden. Im Oktober 1973 weihten die Bürger von Werne ihr altes Rathaus neu ein. Seitdem dient es als malerischer Veranstaltungsort für Konzerte, Theater und festliche Empfänge.
Das Alte Rathaus ist seit 1985 eingetragenes Denkmal.
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