Denkmäler
Jugendstil bringt Häuserzeile in Bewegung
Als die Lünener Straße noch von großen Vorgärten und Linden gesäumt wurde, ließen dort vier mittelständische Unternehmer eine auffallende Häuserzeile errichten. Sie bilden eine Einheit inmitten der ansonsten recht unterschiedlichen Bebauung entlang der Hauptstraße, die Werne mit Münster und Dortmund verbindet. Den Vorbeifahrenden sticht sofort das markante Tonnengewölbe ins Auge. Es verbindet die beiden mittleren Häuser Nr. 23 und 25. Obwohl der Gebäudekomplex in den mehr als 100 Jahren seines Bestehens mehrfach verändert wurde, steht er seit 1994 unter Denkmalschutz.
Ein Hauptgrund dafür ist das ungewöhnliche Tonnengewölbe mit seiner Kassettendecke. Bei dieser Architekturform werden kastenförmige Vertiefungen regelmäßig angeordnet. Die Idee stammt aus der Antike und war in der Renaissance und im Barock sehr beliebt. Die kastenförmigen Fächer gaben diesem Raumabschluss seinen Namen: Kassette leitet sich her vom italienischen „cassa“ für „Kasten“ und bedeutet „Kästchen“.
Die Fassade lebt
Außerdem rechtfertigt die Jugendstil-Ornamentik den Denkmalschutz. Die Häuserzeile entstand zwischen 1911 und 1913 und damit gegen Ende dieser kunsthistorischen Epoche. Bauherren waren die Architekten Wenning und Wehmeyer (Nr. 25) sowie der Malermeister Siepenkort (Nr. 23) der Schneidermeister Heimann (Nr. 21) und der Dachdeckermeister Goldmann (Nr. 27). Das Architektenteam Theodor Wenning und Otto Wehmeyer zeigte sich – wie auch am Beispiel der Villen Kroes und Schwartländer zu sehen – aufgeschlossen für neue Formensprachen.
Ganz im Sinne des Jugendstils brachten sie die steinernen Fassaden in Bewegung – durch bewusste Asymmetrie. Zwar gliedern hohe Fenster und Säulenornamente die Front in klare Proportionen. Doch die unregelmäßige Anordnung sowie pflanzliche und geometrische Schmuckformen sorgen für Abwechslung.
Spiel mit historischen Formen
Fritz Heimann, ein Enkel des Schneidermeisters Heimann, besitzt noch einen Architekturentwurf aus der Feder von Wenning und Wehmeyer. Dieser Entwurf verrät noch etwas von der ursprünglichen Gestaltungsidee der beiden Werner Architekten. Senkrechte Reliefsäulen vermitteln einen einheitlichen Gesamteindruck, wurden aber nicht streng symmetrisch angelegt. Die Säulenelemente haben Wenning und Wehmeyer dem Historismus entlehnt.
Diese Stilrichtung der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ahmt in erster Linie vergangene Epochen nach und mischt deren Formen neu. Auch einer der Giebel an der Häuserzeile spielt mit dem Aussehen eines antiken Tempels. Insgesamt führten die Architekten die Dachgauben und Erker unterschiedlich aus. Diese Unregelmäßigkeiten sind charakteristisch für den Jugendstil, ebenso die Tatsache, dass sich die Ornamente dem Gesamtkonzept unterordnen.
Modern ausgestattet
Meister Heimann führte die Schneiderwerkstatt in einem der vorderen Zimmer. 1928 verlegte er die Werkstatt in einen hinteren Anbau. Maler Siepenkort und Dachdecker Goldmann hatten ihre Betriebe im Kellergeschoss untergebracht. Noch heute sind an der Vorderseite ihrer Häuser die Einfahrten zu den Kellergeschossen zu erkennen. Wenning und Wehmeyer führten ihr Büro im Souterain. Daher sind die Kellerfenster am Haus Nr. 25 höher als an den anderen Häusern. An den Betrieb des Dachdeckermeisters erinnert noch ein Relief an der Seitenwand, mit dem Zeichen der Dachdecker.
Im Familienarchiv der Heimanns befinden sich alte Rechnungen, aus denen hervorgeht, wie modern und aufwändig die Häuser ausgestattet waren – mit Spülsteinen aus Terrazzo, Rolläden, Spülklosetts, gefüllten Türen und Mosaikplatten im Treppenhaus. Seinerzeit zahlte Heimanns Großvater für sein Haus 10391 Reichsmark.
Mit dem Ausbau der B54 in den 60-er Jahren endete die Ära der Linden und schmucken Vorgärten. Sie mussten dem Straßenbau weichen.
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