Denkmäler
Schaffen und Kaufen
Wirtschaftlicher Erfolg wird in aufwendigen Fassaden zur Schau gestellt
Das Abteufung der Zeche 1899 hatte zu einem wirtschaftlichen Aufschwung geführt, der für die teuren Bauten bei Kaufleuten und der Führungsschicht des Bergbaus die finanziellen Voraussetzungen schuf. Schon vor 1900 hatten in der sogenannten Gründerzeit viele Werner Geschäftsleute ihren wirtschaftlichen Erfolg durch prächtige Gestaltung ihrer Häuser zur Schau gestellt. Diese sind dem Stil des Historismus verpflichtet, einem Stil, der an historische Formen anknüpft. und zwar an den Stil der Gotik, der Renaissance, des Barocks.
Gegen die strengen Formen des Historismus wendet sich der Jugendstil. Zwischen 1904 und 1911 erhalten Neubauten eine Jugendstil-Fassade. Vor allem werden zahlreiche Fachwerkgebäude mit einer farbenfrohen Front in diesem Stil versehen. Er gestaltet spannungsreiche Variationen und vielfältige Verzierungen. Der reiche Schmuck dieser Häuser ist ein deutliches Symbol für den gesellschaftlichen Status der Geschäftsleute und ihren wirtschaftlichen Erfolg.
Ab 1911 setzt sich der Reformstil durch. Er wendet sich sowohl vom Historismus als auch vom Jugendstil ab. Deren aufwändige Formen gelten als mit den Bedingungen der modernen Industriegesellschaft nicht vereinbar und nur von den Reichen finanzierbar. Daher bemüht sich der Reformstil um einen sparsamen, fast ornamentlosen, spartanischen Traditionalismus. Dem Reformstil sind in Werne etwa 15 Gebäude zuzuordnen.
Nach dem 1. Weltkrieg setzte erst in den späten 20iger Jahren eine neue umfangreichere Bautätigkeit ein. Für repräsentative Geschäftsbauten brauchte es neugierige und interessierte Geister. Das waren dann die Architekten Wenning und Wehmeyer und gleichgesinnte Unternehmer wie etwa Matthias Schulze Bisping. So entstand 1929 das Café und die Bäckerei im Bauhausstil an der Ecke Steinstraße/Magdalenenstraße. Das Gebäude fällt aus den Geschäftshäusern entlang der Steinstraße deutlich heraus.
Theodor Wenning und Helmut Wehmeyer haben ab 1925 mit ihren Bauten die Werner Altstadt besonders geprägt. Es gibt insgesamt 67 Bauanträge von ihnen. Theodor Wenning hat sich auch insofern große Verdienste um Werne erworben, als er der erste Bürgermeister nach 1945 war und ab 1953 Landrat des Kreises Lüdinghausen.
Die Geschäftsbauten verteilen sich zumeist über das gesamte Gebiet der Altstadt. Ursprünglich gab es am Markt, in der Steinstraße und auch in der Bonenstraße mehrere Häuser mit vielfältigen Schmuckelementen. Da die Instandhaltung der aufwendigen Schauseite sehr teuer war, wurden zahlreiche zu schlichten Fassaden zurückgebaut. Am Markt glänzen noch drei, die im Neorenaissance- bzw. Neobarockstil denkmalgerecht saniert wurden. Die platz- und dreiecksartige Ausbuchtung der Bonenstraße wird von mehreren ansehnlichen, gut restaurierten Jugendstil-Häusern bestimmt. In der Altstadt gibt es auch noch manche kleinere Häuser in Sichtfachwerk oder mit vorgeblendeter Reformstilfassade, die teils über 150 Jahre alt sind. Sie sind vor allem deswegen erhalten, weil sie in Geschäftslokale umgenutzt wurden. Von den neueren Geschäftsbauten sticht das Haus Steinstraße 25 hervor. Die Architekten haben in diesem postmodernen Neubau aus dem Jahr 2000 traditionelle Stilmerkmale der Gründerzeit. verwendet. Da gibt es – mit modernem Material – figurale Agraffensteine, Flachreliefs, diamantartige Steinblöcke und ein Werksteinband über dem Eingangsbereich.
Bonenstraße 8
Das zweigeschossige dreiachsige Haus Bonenstraße 8 ist ein Fachwerkbau aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts mit einem vorgeblendeten Massivbauteil von 1904. Diese aufwendige Fassade mischt zwei Stilformen: der untere Teil zeigt neogotische Schmuckformen, und zwar die der Backsteingotik. Das sind vor allem die segmentartigen Abschlüsse der Fenster. Der im Dachgeschoß aufgesetzte geschweifte Schildgiebel weist typische ornamentale Formen des Jugendstils auf. Dieses Giebelfeld wird durch pfeilerartige Aufbauten und durch ein ellipsenförmiges Fenster betont.
Drei Denmäler Jugendstil
Der Jugendstil ist eine bedeutende Kunstepoche zwischen 1900 und dem Beginn des 1. Weltkrieges. Er setzte auf spannungsreiche Variation, bunte Vielfalt und reiche Verzierungen. In Werne entstanden in diesem Stil mehrere Gebäude von 1905 bis 1911. Die platzartige Erweiterung am Anfang der Bonenstraße ist rings von ansehnlichen Jugendstil-Häusern umgeben. In der Altstadt gibt es weitere am Kirchhof und in der Alten Münsterstraße.
Das Kaufhaus Ecke Markt - Bonenstraße
Ein repräsentatives Beispiel des Jugendstils ist das große Kaufhaus an der Ecke Marktplatz – Bonenstraße von 1907. Nach der vorbildlichen Restaurierung im Jahre 2001 durch Hein-Theo Küper zeigt die Fassade wieder beispielhaft zahlreiche typische Elemente dieses Stils. Die dekorativen Gestaltungsteile in großer Vielfalt und zahlreichen unterschiedlichen Formen fallen sofort ins Auge. Da gibt es fast 40 verschiedene Formelement. Da sind engelsgleiche Frauenköpfe zu sehen, verschiedene Blumenmuster, Voluten, geschwungene Ranken, Teichlandschaften, Rosetten, Girlanden, Agraffen. Besonders stechen zwei risalitartig betonte Zwerchhäuser hervor, die mit floralem Schmuck reich ornamentiert sind.