Denkmäler
Ackerbürger
Sicher in der Ringmauer, die Feldarbeit jedoch weit draußen
Nach dem Überfall des Grafen von der Mark im Jahre 1400 wurden zur Verstärkung der wehrfähigen Bewohner die Einwohner der Bauerschaften Werne und Mottenheim gezwungen, ihre Wohnstätten aufzugeben. Sie lösten die Einzelteile des Fachwerkskeletts aus den Verzapfungen und bauten damit ihre Häuser in der Stadt wieder auf. Mit der Umsiedlung erhöhte der Landesherr die Wehrfähigkeit der Stadt gegen den Fehdegegner südlich der Lippe, den Grafen von der Mark. Zum Schutz wurde die Stadt in den folgenden Jahren mit einer Mauer umgürtet.
Die Ackerbürger bewirtschafteten Felder, die weiträumig in der Stadtgemarkung verteilt waren. Außerdem trieben sie ihre Ziegen und Kühe zum Weiden auf die Allmende. Darauf durften alle ihr Vieh grasen lassen. Der landwirtschaftliche Ertrag reichte fast nur zur Selbstversorgung. Jedes Ackerbürgerhaus hatte eine Toreinfahrt, einen größeren Lagerraum im Dachgeschoss und einen Keller. Mit der Aufhebung der Allmende verloren viele Ackerbürger ihre Existenzgrundlage. Sie konnten ihr Vieh nicht mehr zur Weide auf den Allgemeinbesitz treiben.
Ackerbürgerhäuser vornehmlich in den Burgstraßen und der Bonenstraße
Ackerbürgerhäuser vornehmlich in den Burgstraßen und der Bonenstraße
Die Häuser der Ackerbürger waren über das gesamte Stadtbild verteilt. Zahlreiche gab es in der Burgstraße, der Kleinen Burgstraße und der Bonenstraße. „Steinstraße“ und „Bült“ waren vornehmlich „bürgerliche“ Straßen, wie auch Markt und Kirchhof. Noch bis ins frühe 19. Jahrhundert wurden täglich über 200 Kühe durch das Burgtor und ebenso viele durch das Bonentor auf die Werner Feldmarken zum Grasen getrieben.
Nur zwei der Ackerbürgerhäuser sind in neuer Nutzung gut erhalten, und zwar in der Kleinen Burgstraße Nr. 4 und 12. Auf der Burgstraße gibt es zwei weitere Häuser, Nr. 13 und 15, an denen trotz starker Umbauten noch die ehemalige landwirtschaftliche Nutzung zu erkennen ist. Allerdings sind beide trotz des Denkmalschutzes stark gefährdet. Alle übrigen der einst zahlreichen Ackerbürgerhäuser sind abgerissen.
Kleine Burgstraße 4
Ein großer Kellerraum für Vorräte über das ganze Jahr
Das Haus Kleine Burgstraße 4 ist ein Fachwerkbau aus dem 19. Jahrhundert. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Fassade mit Ziegelmauerwerk verblendet. Das große Deelen-Einfahrtstor wurde für Umnutzungen neugestaltet. Es gab mehrfach neue Nutzungen in dem Haus. Es ist eines der letzten beiden Ackerbürgerhäuser in der Altstadt. Es dokumentiert somit die jahrhundertealte Tradition des Werner Ackerbürgerlebens: Einfahrtstor für die Erntewagen, Stall, Scheune, Werkstatt und Wohnung, alles unter einem Dach.
Fast alle Häuser in der Altstadt waren unterkellert. In den Kellerräumen wurden Ernteerträge kühl gelagert. Das war nötig, da sie zur Versorgung der Familie über das ganze Jahr haltbar bleiben mussten. 1942 wurde der Kellerraum dieses Hauses zu einem Luftschutzbunker mit Verbindung zum Nachbarkeller im Haus Romberg ausgebaut. Im Unterschied zum Haus 12 fanden in diesem Haus mehrere Umbauten statt. Als Denkmal wurde es am 8. 7. 1992 eingetragen.
Kleine Burgstraße 12
Ein gut erhaltenes Ackerbürgerhaus mit großem Deelentor
Eines der letzten beiden Ackerbürgerhäuser der Altstadt ist das Haus Nr. 12 in der kleinen Burgstraße. Es wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts in der Endphase des Fachwerkbaus in Westfalen errichtet. Es ist als giebelständiger Stockwerkbau gezimmert. In ganzer Länge und Höhe ist es von einer Mauer durchzogen.
Der linke Teil diente überwiegend Wohnzwecken, während der rechte befahrbar war und im hinteren Teil die Stallungen aufnahm. In der Fassadengliederung ist beides noch erkennbar. Links sieht man zwei mal zwei Fenster in ursprünglicher Lage, dahinter unten die „Gute Stube“, rechts ein Deelentor, das von einem leicht gebogenen Torsturz nach oben begrenzt wird und in seiner Höhe ins Obergeschoss ragt. Neu sind die Fenster im Dachraum. Der Raum wurde ursprünglich für die Lagerung der Ernteerträge genutzt.
Rechts ist das ehemals große Deelen-Einfahrtstor für die Erntewagen neu gestaltet. Die Wagen wurden in die Deele gefahren. Von dort wurde die Ernte nach oben über eine Luke im Dachboden hoch gestakt. Korn und Viehfutter mussten über das Jahr bis zur nächsten Ernte reichen.
Das Haus war eines der größten Ackerbürgerhäuser in der Altstadt. Es reichte mit insgesamt 17 Gebinden weit nach hinten. Wohnung, Stall, Scheune und kleinere Werkräume befanden sich alle unter einem Dach. Dies ist eine jahrhundertealte Tradition dieser Bauten.
Seit dem 28. 11. 1991 steht es unter Denkmalschutz. 1994-96 wurde das Haus von der Firma W. Möllmann denkmalgerecht restauriert.
Burgstraße 13
Eines der ältesten Häuser in Werne – sehr renovierungsbedürftig
Der Vorderbau des einstöckigen Hauses Burgstraße 13 stammt aus dem 17. Jahrhundert, der rückwärtige Teil ist ein qualitätsvoller Bau aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Er ist eins der ältesten Häuser in Werne. In diesem Haus wohnte und wirtschaftete eine wohlhabendere bäuerliche Familie; davon zeugt eine Blattmaske auf einer geschnitzten Knagge (Balkenabstützung).
Inzwischen ist diese abgefallen und wird im Museum aufbewahrt. Von hohem historischem Wert ist ein großer Gewölbekeller, der für die Vorratshaltung unerlässlich war. Zudem gab es auf dem Hof einen Brunnen, aus dem noch bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts die Umwohner Wasser schöpften. Etwa ab 1850 erwarb die jüdische Familie Kaufmann das Gebäude. Sie konnte 1940 nach Shanghai fliehen.
Das Gebäude ist ein Denkmal seit 13.7.1992.
Burgstraße 15
Ein Haus mit wechselvoller Geschichte
Das Haus 15 an der Burgstraße ist eines der kleinsten Ackerbürgerhäuser. Das traufständige Fachwerkhaus mit sechs Fensterachsen entstand Ende des 18. Jahrhunderts. Zur Burgstraße hin ist es verputzt. Es gab einen Vorgängerbau, und zwar vermutlich schon ab 1400. Durch das schmale Deelentor konnten nur kleine Erntewagen einfahren.
Im Haus war kein Platz für das Vieh. Es wurden daher links hinter der Deele auf dem Hof kleinere Viehställe gebaut. In ihnen konnte nur Kleinvieh untergebracht werden, Ziegen, Schweine, Gänse und Hühner. Nur im vorderen Teil rechts ist das Haus unterkellert. Hier wurden Lebensmittel gelagert, vor allem Kartoffeln und Äpfel, die kühl aufbewahrt werden mussten. Die Ackerbürger waren vornehmlich Selbstversorger; das heißt, was sie an Erträgen einfuhren, musste das ganze Jahr über zur Versorgung reichen. Auch Viehhaltung war deshalb lebensnotwendig.
Das Haus hat eine wechselvolle Geschichte. In ihm lassen sich die Lebensweisen dreier Rand- bzw. Unterschichten sehr gut veranschaulichen, die jahrhundertelang die Geschichte der Stadt Werne wesentlich mitbestimmt haben. Bis 1850 war es ein Ackerbürgerhaus; das Deelentor ist noch rudimentär erkennbar. Dann war es eine jüdische Metzgerei, schließlich nach 1945 Wohn- und Verkaufsraum der Stuhlmacherfamilie Elberfeld. Die Werkstatt der Stuhlmacher lag gegenüber an der Westmauer in einem kleinen speicherartigen Gebäude, das mit der Eingangsfront auf den Resten der mittelalterlichen Stadtmauer steht.
Historische Bedingungen, vor allem die preußische Agrarreform, führten dazu, dass die Ackerbürger ihre Existenz nicht mehr sichern konnten. Sie verkauften 1850 das Haus an die jüdische Familie Salomon. Diese installierte in der ehemaligen Deele den Verkaufsraum ihrer jüdischen Metzgerei. Den stattete sie mit einem wertvollen Jugendstilfußboden aus. Von 1850 bis 1939/41 wohnten Mitglieder der Familie Salomon in dem Haus Burgstraße 15. Der letzte Metzger der Familie, Heinrich Salomon, konnte 1938 vor dem Zugriff der Nationalsozialisten fliehen. Die übrigen Mitglieder der Familie wurden in Konzentrationslager deportiert und dort ermordet.
Als Denkmal wurde das Haus am 14.2.1986 eingetragen.
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