Denkmäler
Leben und Wohnen
Reich und arm
Die Reichen in Werne wohnten zunächst vornehmlich an den Hauptverkehrsadern, der Stein- und der Bonenstraße. Das waren Händler, Gastwirte und Inhaber von Brauereien und Brennereien, später kamen Ärzte, Anwälte und Lehrer dazu.
Die Wohlhabenden ließen ihre Bediensteten in kleinen Häusern wohnen, sogenannten Gademen, schlichten Gebäuden, die oft eingeklemmt zwischen großen Gebäuden oder in einer Randlage auf geringer Grundfläche gebaut wurden. Noch bescheidener wohnten etwa Tagelöhner.
Zu einer Mittelschicht können einige der zahlreichen Handwerker gezählt werden und auch einige der Ackerbürger. Deren Gebäude waren insofern größer, da Werkstatt und Wohnung zumeist unter einem Dach lagen.
Handwerker und Ackerbürger
Die Häuser dieser Mittelschicht zeigen oft eine auffällige Zweiteilung, links der Wohnteil mit der „Guten Stube“ zur Straße hin und rechts die Werkstatt der Handwerker bzw. die Tennenzufahrt für die Erntewagen. So noch gut erhalten im Haus Kleine Burgstraße 12. Unter den zahlreichen Ackerbürgern gab es allerdings nur wenige, die mehr erwirtschafteten, als sie für ihre Existenzsicherung benötigten.
Während zu den reicheren Handwerkern um 1850 etwa einig der 15 Schumacher oder auch die 8 Schmiede zählten, waren die 44 Weber eher arm. In ihren schmalen kleinen Häusern reichte der Platz gerade für einen Webstuhl. Das Haus Burgtraße 3 ist ein solches typisches, gut erhaltenes Handwerkerhaus aus dem 17. Jahrhundert.
Fachwerk: sichtbar und verkleidet
Bis 1850 waren alle Gebäude außer St. Christophorus, Kloster, Rathaus und Steinhaus Fachwerkgebäude. Zwar wurden noch bis 1905 Häuser in Fachwerk errichtet. Doch dieser Zeitgeschmack änderte sich mit dem wirtschaftlichen Aufschwung, vornehmlich seit 1899 mit dem Abteufen der Zeche. Jetzt galt das Fachwerk als unmodern, altmodisch. Fortschritt war angesagt. Man wollte großstädtisch wirken. Das Fachwerk wurde überputzt, verbrettert oder mit einer Massivwand verblendet. Erst schrittweise hat man in späteren Jahrzehnten das Fachwerk als schön empfunden und teils wieder freigelegt. Heute gibt es in der Altstadt noch 48 Gebäude in Sichtfachwerk und 76 Fachwerkhäuser, die verkleidet sind. Um 1900 wurden solche Fassaden oft im Gründerzeitstil und danach im Jugendstil reich ausgeschmückt.
Der Roggenmarkt: Bürger und Bauern
Der Roggenmarkt gilt als ältester Platz in Werne. Er entstand eher ungeplant als Markt der Bauern nordwestlich des alten Rechtsbezirks des Kirchhofes und in der Nähe des landesherrlichen Amtssitzes. Am westlichen Ende des Roggenmarktes wurden bei Ausgrabungen die Fundamente eines großen Gebäudes entdeckt. Dabei handelt es sich vermutlich um den ehemaligen Burghof der Prämonstratenser in Cappenberg, die Grundrechte in Werne besaßen. Die eigenhörigen Bauern mussten hier ihre Abgabe entrichten.
Gademe in Werne
Gademe sind kleinere Häuser der Unterschichten. In ihnen wohnten die Bediensteten der Reichen und Tagelöhner, und das in äußerst beengten Wohnverhältnissen. Im Kern der Stadt gab es mehrere Gademe, die an größere Gebäude angelehnt waren. Reichere Bürger ließen in ihnen ihre Bediensteten wohnen. Noch gut erhaltene Beispiele sind das Haus Moormannplatz 2 und Kirchhof 2a. Sie sind eingeklemmt zwischen größeren Gebäuden; das sparte Baukosten. Einige kleinere Häuser sind erhalten, weil sie in Geschäftslokale umgenutzt wurden.
Ackerbürger
Sicher in der Ringmauer, die Feldarbeit jedoch weit draußen
Nach dem Überfall des Grafen von der Mark im Jahre 1400 wurden zur Verstärkung der wehrfähigen Bewohner die Einwohner der Bauerschaften Werne und Mottenheim gezwungen, ihre Wohnstätten aufzugeben. Sie lösten die Einzelteile des Fachwerkskeletts aus den Verzapfungen und bauten damit ihre Häuser in der Stadt wieder auf. Mit der Umsiedlung erhöhte der Landesherr die Wehrfähigkeit der Stadt gegen den Fehdegegner südlich der Lippe, den Grafen von der Mark. Zum Schutz wurde die Stadt in den folgenden Jahren mit einer Mauer umgürtet.
Denkmäler entlang der Südmauer
Die Straße „Südmauer“ verlief und verläuft im westlichen Teil weitgehend exakt innerhalb direkt entlang des alten Mauerrings. Nur vor dem jüdischen Friedhof ist ein Teil der alten Ringmauer noch erhalten.
Die Häuser 29 und 31, die nach dem Abriss des Mauerrings in den Jahren um 1850 erbaut wurden, schließen direkt an den erhaltenen Mauerteil an, und zwar so, dass die ebenerdigen Reste der Mauer die Fundamente der straßenseitigen Außenwand dieser Häuser bilden. Das sorgt für Stabilität. Das gilt ebenso für das kleine Haus 41 am Ende der Südstraße. Dort sind die rückwärtigen Wände entsprechend aufgesetzt. Im Keller dieses Hauses und an der Außenseite nach Süden sind noch alte Mauerreste sichtbar.
Die Südmauer schließt zur Steinstraße hin mit dem Torwärterhäuschen ab. Vom Eingang an der Steinstraße aus kontrollierte der Torwärter im Mittelalter den wichtigen Zugang zur Stadt, der durch das Steintor führte. Das Haus schräg gegenüber, Steinstraße 40, 1850 erbaut, ist schon eines der Häuser, die nach dem Abriss außerhalb des Mauerrings errichtet werden konnten. Es ist auch eines der ersten Häuser, die nicht mehr in Fachwerk, sondern in Massivbauweise gebaut wurden.